Als essentielle Fettsäuren werden biologisch aktive, im chemischen Sinne organisch-chemische Verbindungen aus der Gruppe der Alkensäuren bezeichnet, die ein Organismus von außen mit der Nahrung zu sich nehmen muss, um bestimmte lebenswichtige Stoffwechselfunktionen und damit die Gesundheit aufrecht zu erhalten.
Kurz gesagt ist es wichtig (essenziell), dass diese Fettsäuren regelmäßig mit der Nahrung aufgenommen werden, da der Organismus diese Substanzen nicht selbst aufbauen kann - das Fehlen führt sehr schnell zu Mangelerscheinungen.
Hinweise auf Existenz und die Bedeutung essentieller Nahrungsbestandteile in Form von Fettsäuren erlangte man erstmals in den 1920er Jahren; sie wurden zunächst unter der Bezeichnung Vitamin F zusammengefasst. Um 1929 erkannte man, dass es sich nicht um vitaminartige Substanzen handelt, sondern um "lebensnotwendige" Fettsäuren, die seit dem als essenzielle Fettsäuren - kurz: EFA - bezeichnet werden.
Nach heutigem Kenntnisstand zählen zu den EFAs primär nur die beiden ungesättigten Fettsäuren α-Linolensäure und Linolsäure, beides Alkensäuren mit 18 Kohlenstoffatomen, die sich in Anzahl und Lage der C=C-Doppelbindungen unterscheiden:
α-Linolensäure,
eine ω-3-Fettsäure.
Tägliche Mindesteinnahme: 2 Gramm.
Linolsäure,
eine ω-6-Fettsäure.
Tägliche Mindesteinnahme: 10 Gramm.
Die beiden Fettsäuren sind für Menschen und Säugetiere essentiell; die täglichen Referenzeinnahmewerte werden mit 2 Gramm (ω3) bzw. 10 Gramm angegeben [2]. Biologisch besitzen beide Substanzen eine wesentliche Bedeutung, stellen sie doch biochemisch wichtige Synthese-Bausteine dar, aus denen die Organismen eine ganze Kaskade weiterer biologisch aktiver Substanzen produzieren - insbesondere auch viele Eicosanoide, die hormonähnliche Eigenschaften besitzen. Eine grobe Übersicht zeigt die folgende Abbildung:
Die mit diesen Biomolekülen einhergehenden Funktionen sind äußerst vielfältig und betreffen viele unterschiedliche biochemische Abläufe in den Zell-Bestandteilen bis hin zum Verhalten. Einige dieser Funktionen sind:
- Eicosanoid-Biosynthese (intra- und extrazelluläre Signalstoffe),
- Endocannabinoid-Synthese (Neurotransmitter mit Einfluss auf Stimmung, Verhalten und Entzündungen),
- Lipoxin-Synthese (entzündungshemmende Eicosanoid-Derivate),
- Synthese von Isofuranen, Neurofuranen, Isoprostanen, Hepoxilinen, Epoxyeicosatriensäure, Neuroprotectin und andere,
- Bildung von Lipidflößen (so genannte Lipid Rafts) in Zellmembranen,
- Aktivierung oder Inhibierung von Transkriptionsfaktoren der DNA,
usw.
Es bleibt zu beachten, dass die Biosynthese einiger der gezeigten Fettsäuren im Organismus recht ineffektiv ist, speziell die Umwandlung von α-Linolensäure in die Omega-3-Vertreter Eicosopentaensäure EPA und Docosahexaensäure DHA, so dass die Nahrung auch ausreichend diese Bestandteile enthalten sollten.
Einige andere Fettsäuren werden als bedingt essentiell klassifiziert, weil sie nur unter bestimmten Bedingungen lebensnotwenig mit der Nahrung aufgenommen werden müssen. Hierzu gehören bestimmte Krankheitsbilder und auch körperliche Entwicklungszustände. Zu diesen EFAs zählen beispielsweise die Omega-3-Fettsäure Cervonsäure (Docosahexaensäure, DHA) und die Gamma-Linolensäure (ω6).
Quellen und weitere Informationen
[1] - Dr. Sc. Techn. Dr. med. W. Tur:
Über das Vitamin F, seine Anwendung und Benennung.
In: Fette, Seifen, Anstrichmittel, (1973), DOI 10.1002/lipi.19730750907.
[2] - European Food Safety Authority:
Labelling reference intake values for n-3 and n-6 polyunsaturated fatty acids.
In: EFSA Journal, (2009), DOI 10.2903/j.efsa.2009.1176, open access.
[3] - Breanne M. Anderson, David W. L. Ma:
Are all n-3 polyunsaturated fatty acids created equal?
In: Lipids in Health and Disease, (2009), DOI 10.1186/1476-511X-8-33, open access.
Kategorie: Stoffgruppen
Aktualisiert am 29. März 2024.
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